Maurizio Vogrig

Zum ersten Mal in der ASW-Klasse von Jane Roberts

Maurizio Vogrig
Zum ersten Mal in der ASW-Klasse von Jane Roberts

Richard Kendall (1950 bis 2020) war langjähriger Teilnehmer der ASW-Klassen von Jane Roberts in Elmira, NY. Im folgenden Text schildert er seine erste Begegnung mit Jane und Seth im Jahre 1972. Seine Erlebnisse während dieser Klassen-Jahre dokumentierte er auch in seinem Buch MEIN WEG NACH ELMIRA.

Als ich am 4. Januar 1972 die Treppe hinaufstieg, die zum Wohnzimmer von Jane Roberts führte, hatte ich keine Ahnung, was mich erwartete. Nur wenige Monate zuvor hatte ich Janes Buch Das Seth-Material gelesen, in dem Jane ihre Erfahrungen mit Seth, einer "Energieessenzpersönlichkeit", beschrieb, die durch sie sprach, während sie in Trance war. Ich hatte noch nie ein Medium gesehen und wusste nicht, ob Jane an diesem Abend in Trance gehen würde, und falls ja, fragte ich mich, wie ich wohl reagieren würde. 

Als ich oben an der Treppe ankam, stand Jane gerade vor der Tür der Wohnung, in der sie ihre ASW-Klasse, wie sie die Kurse nannte, durchführte. Ich erkannte sie von den Fotos in Das Seth-Material, und während ich auf sie zuging, stellte Jane sich vor und fragte mich nach meinem Namen. In der Tat eine einfache Frage, doch schon nach dem kurzen Gespräch hätte ich wissen müssen, dass ich mich auf ein Abenteuer einlasse (ein Abenteuer, das bis heute andauert).

 Ich antwortete Jane, mein Name sei Richard. Das entsprach zweifellos der Wahrheit, doch Jane fragte mich, ob ich noch anders genannt würde. Instinktiv verneinte ich, doch in Wahrheit kannte man mich zu dieser Zeit fast ausschließlich unter meinem Spitznamen Dickie, den ich meinen Freunden abzugewöhnen versuchte. Ich wurde älter, und als Erwachsener fühlte ich mich mit "Dickie" einfach nicht mehr wohl. Jane nahm meine Verneinung, dass ich noch anders als Richard genannt würde, hin und hieß mich in ihrer Klasse willkommen. Dann ging sie durch den Flur in ihre andere Wohnung.

Jane und ihr Mann, Robert F. Butts, bewohnten zwei Wohnungen im zweiten Stock dieses großen alten viktorianischen Hauses, und ich ging in die Wohnung, in der die Klassen stattfanden. 

An diesem Abend waren etwa fünfzehn Personen anwesend. Einige saßen auf der Couch, andere auf Stühlen, und einige saßen auf dem Boden vor dem hübschen hölzernen Schaukelstuhl, der im Moment leer war. Ich hatte mich im hinteren Teil des Raums in der Nähe der großen Erkerfenster mit Blick auf die Water Street niedergelassen. Unter mir hörte ich das stetige Brummen des Verkehrs, und nicht weit entfernt konnte ich die Brücke sehen, die über den Chemung River führte, dessen Ufer etwa sieben Monate später infolge des Orkans Agnes über die Ufer treten und eine der schlimmsten Naturkatastrophen in der Geschichte Elmiras verursachen sollte. Doch heute Abend saß ich, während der Fluss friedlich vor sich hinplätscherte, voller Erwartung da – doch in Erwartung worauf genau, wusste ich eigentlich nicht. 

Jane betrat gegen 19.00 Uhr das Wohnzimmer, setzte sich in den Schaukelstuhl und begann, über die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit etwas namens Sumari zu sprechen. Plötzlich, ohne jede Vorwarnung, nahm Jane ihre Brille ab, legte sie auf den nahe gelegenen Couchtisch und begann mit einer lauten, tiefen, männlichen Stimme zu sprechen. Ihre Augen schienen dunkler zu sein, und ihr gesamtes Auftreten änderte sich dramatisch. Die Gesichtsstruktur, die eben noch weich war, wirkte straffer, als wären die Muskeln angespannter, auf irgendeine Weise konzentrierter. Die auffälligste Veränderung war der Ausdruck in ihren Augen, wenn sie sprach. Ich hatte noch nie darüber nachgedacht, aber in diesem Moment wurde mir klar, dass in den Augen eines jeden Menschen eine nicht greifbare Qualität liegt, die ihn irgendwie als einzigartig kennzeichnet und von allen anderen unterscheidet.

Im Grunde genommen war die Persönlichkeit, die in diesem Moment hinter diesen Augen steckte, nicht Jane. Dann begann Seth zu sprechen, locker und eindringlich, und sprach über das, was er die Sumari nannte, und wie sie sich von nah und fern versammelten.

Meine beiden Freunde und ich waren gerade fünfeinhalb Stunden von New York City nach Elmira gefahren, um Janes Kurs zu besuchen, und das passte natürlich zu Seths Bemerkung über das Zusammenkommen von nah und fern. Trotzdem hatte ich keine Ahnung, was Sumari war, obwohl ich das viel schneller herausfinden sollte, als ich gedacht hätte. So leicht, wie Jane in Trance gegangen war und begonnen hatte, für Seth zu sprechen, begann sie nun zu singen – kraftvolle Töne, die von dieser zierlichen Frau ausgingen und an den Wänden abzuprallen schienen, und hohe und tiefe Töne, die sie mit der Vielseitigkeit und richtigen Tonlage einer ausgebildeten Opernsängerin traf. 

Als das Lied zu Ende war, setzte Jane ihre Brille wieder auf, und verschiedene Schüler tauschten ihre Reaktionen auf den Sumari-Gesang aus, der gerade zu hören gewesen war. 

Als ich nach meinem Eindruck bezüglich des Gesangs gefragt wurde, sagte ich, ich hätte das Gefühl, als sei mir ein Geschenk gemacht worden. Dann kam Seth durch und sagte, dass uns jedes Mal, wenn Sumari gesungen oder gesprochen wird, tatsächlich ein Geschenk gemacht würde, und dass es an uns läge, dieses Geschenk zu entschlüsseln. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereit, irgendetwas zu entschlüsseln, und war froh, als Jane eine Pause einlegte. In der Pause stand sie von ihrem Schaukelstuhl auf und ging durch den Flur wieder in ihre andere Wohnung. Es war klar, dass die etwa fünfzehn Minuten, die sie während der Klassenpause in ihrer Wohnung auf der anderen Seite des Flurs verbrachte, auch ihre Pause waren; mit anderen Worten stand während der Pause "Bitte nicht stören" in deutlichen, aber unsichtbaren Buchstaben über der Tür ihrer anderen Wohnung geschrieben. Wie etwas in deutlichen, aber unsichtbaren Buchstaben geschrieben sein kann, hätte ich vor ein paar Minuten vielleicht noch bezweifelt, aber nachdem ich Seth und Sumari erlebt hatte, erschien mir etwas, das gleichzeitig unsichtbar und sichtbar ist, völlig plausibel.

In der Pause sprachen die Teilnehmer der Klasse angeregt über verschiedene Themen, die man heute in die Kategorie "New Age" einordnen würde. 1972 gab es diesen Begriff noch gar nicht, was aber niemanden davon abhielt, Erfahrungen wie präkognitive Träume, außerkörperliche Erfahrungen, Erinnerungen an frühere Leben oder viele andere Bewusstseinserfahrungen zu machen, die nicht Teil unserer Alltagsgespräche waren. Jane betrat den Raum wieder und signalisierte, dass die Pause vorbei war, obwohl der Raum immer noch von vielen Diskussionen, Gelächter und einem Gefühl der Kameradschaft erfüllt war, auch wenn einige von uns sich an diesem Abend zum ersten Mal getroffen hatten – oder doch nicht?

Fred war ein sympathisch aussehender junger Mann, der sowohl freundlich als auch intelligent wirkte, als er an diesem Abend an der Klasse teilnahm. Als sich einer der Klassenteilnehmer an mich wandte und mich fragte, warum ich auf Fred so wütend sei, begann ich mich auf meinem Platz zu winden. Meine unmittelbare Reaktion bestand darin, zu leugnen, dass ich über diesen Mann, dem ich nie zuvor begegnet war, wütend sei, obwohl jedes Mal, wenn er in der Klasse sprach, meine Wut auf ihn größer wurde. Dann fragte ein anderer Teilnehmer: "Warum steht Fred vor Gericht?", und ich hatte das Gefühl, dass ich gleich meine eigene Verhandlung erleben würde. 

Im nächsten Moment war Jane wieder in Trance, sang in dieser Sumari-Sprache und forderte Fred und mich auf, uns gemeinsam vor sie hinzustellen. Wir kamen ihrer Aufforderung nach und stellten uns zu beiden Seiten von Jane auf, während sie in diesen lebhaften, kraftvollen Tönen weitersang. 

Fred und ich standen uns gegenüber, während Jane nach wie vor sang, und dann legte sie Freds und meine Hände ineinander. Während der Gesang andauerte, spürte ich, wie die Wut in mir zu schwinden begann, und ich lächelte Fred an. Doch im Geheimen (dachte ich zumindest) hielt ich immer noch etwas an dieser Wut fest. Jane, die immer noch sang und immer noch in Trance war, legte ihre Hände auf die von Fred und mir und schüttelte sie, und die ganze Wut, die ich empfunden hatte, verflüchtigte sich. Fred und ich lachten, als Jane das Lied beendete.

Bevor wir Zeit hatten, auch nur zu blinzeln, kam Seth durch, sah mich an und sagte: "Lass dir das eine Lehre sein." Das war nicht böse gemeint, und ich wusste, dass er damit nur seinen Standpunkt klar machen wollte, und ich fühlte mich in keiner Weise herabgesetzt oder gedemütigt.

Als Jane aus der Trance kam, erfuhr ich, dass sie und einige andere Klassenmitglieder während des Sumari-Liedes Bilder von einem Prozess sahen, in dem ich der Richter war und Fred des Ehebruchs oder eines ähnlichen Fehlverhaltens beschuldigt wurde. Als Richter war ich nicht nachsichtig mit ihm, und später erfuhr ich, dass das Sumari-Lied in uns Erinnerungen an diese Ereignisse wachrufen sollte. Es stellte sich auch heraus, dass Pete, ein Freund von Fred, und Jeffrey, ein Freund von mir, die beide an diesem Abend in der Klasse waren, bei diesem Prozess als Zeugen aufgetreten waren. Bee, eine der ortsansässigen Frauen aus Elmira, die regelmäßig an den Klassen teilnahm, war angeblich die Protokollantin bei diesem Prozess.

Jetzt konnte ich zugeben, dass ich tatsächlich seit Beginn der Klasse Wut auf Fred verspürt hatte, es aber leugnete, als ich darauf angesprochen wurde. Jane sagte, das sei keine große Sache, dass wir alle manchmal defensiv reagierten.

Der Unterricht endete an diesem Abend gegen 23.00 Uhr, und als wir die lange Fahrt zurück nach New York City antraten, waren wir mit Energie erfüllt. Es war unsere eigene Energie, die von den Ereignissen eines bemerkenswerten Abends geweckt worden war – ein ganz natürliches Rauschgefühl. Mein Freund Jeffrey begann mir zu erzählen, wie erstaunt er gewesen sei, als ich vor Jane stand und in das Sumari-Lied einstimmte. Ich hatte auch Sumari gesungen? Ich konnte mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern, aber wenn Jeffrey mir zu diesem Zeitpunkt erzählt hätte, die Couch sei geschwebt, während die Leute darauf saßen, hätte ich wohl kaum daran gezweifelt. 

Nach ein paar Stunden Fahrt wurden wir schließlich müde. Um diese Zeit fuhren nur wenige Autos auf der Route 17. Die Lastwagen leisteten uns jedoch Gesellschaft, denn die Scheinwerfer spielten miteinander Fangen, überholten, fielen zurück und überholten dann wieder. Unsere anderen Weggefährten waren die Restaurants, die sich wie seltsame Straßenkreaturen aufrichteten und ihre schummrigen Köpfe in die Höhe reckten. Es gab viel, worüber wir nachdenken mussten, und obwohl wir nicht darüber sprachen, wussten wir, dass unser Leben nie wieder dasselbe sein würde.

(c) Seth-Verlag, 2021

Seit 2018 Chief Publisher, Mitbegründer, Verwaltungsrat und Teilhaber von smartmyway. Übersetzer und Autor. Vorher als Geschäftsführer des Seth-Verlags sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Lugano tätig.

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